ChatGPT und die Psychologie der Verwalter-Kommunikation

16. August 2025

ChatGPT ist im Arbeitsalltag vieler Immobilienverwaltungen angekommen – vom Formulieren von E-Mails bis zur Vorbereitung von Eigentümerversammlungen. Doch so präzise und schnell die KI auch antwortet: Die Ergebnisse hängen bekanntlich davon ab, wie die Fragen gestellt werden. Dabei kommt es interessanterweise zu den gleichen psychologischen Effekten, die in der Kommunikation mit Menschen auftreten.

Confirmation Bias
Wer ChatGPT mit einer bereits festgelegten Meinung konfrontiert, bekommt diese häufig bestätigt. So etwa bei der Frage, ob ein Handwerkerangebot viel zu teuer sei. Deutlich ergiebiger ist dagegen die Frage: „Welche Kriterien können herangezogen werden, um das Angebot fair zu bewerten?“.

Overconfidence Bias
Die KI formuliert selbst bei fehlenden Informationen sehr überzeugend wirkende Antworten. Bei der Frage „Ist dieser Eigentümerbeschluss anfechtbar?“ sollte daher ChatGPT der Zugriff mindestens auf die Teilungserklärung und diverse fachliche Unterlagen ermöglicht werden. Ansonsten kann die scheinbar eindeutige Antwort schnell in die Irre führen.

Framing-Effekt
Die Hausverwaltung kann bei stark diskussionsbedürftigen und daher zeitaufwendigen Themen ChatGPT hervorragend lenken. Derselbe Sachverhalt kann je nach Formulierung ganz unterschiedlich wirken. So wird es bei der Rücklagenbildung eher negativ klingen: „Formuliere eine Information, dass die Rücklage um 30.000 Euro zu erhöhen ist.“
Ganz anders und deutlich konstruktiver diese Variante: „Formuliere eine Information, dass die Rücklage um 30.000 Euro zu erhöhen ist, um damit die langfristige Werterhaltung der Immobilie zu sichern.“ Natürlich kann es der Hausverwaltung letztlich egal sein und es ist Sache der Eigentümer, wie damit umgegangen wird. Doch eine positive Basis mittels des richtigen Framings zu setzen, ist in jedem Falle hilfreich.

Availability Bias
Beim Verfügbarkeitsfehler hat die KI die Tendenz, Entscheidungen nur auf Grundlage der Informationen zu treffen, die uns gerade besonders präsent sind und wir an Wichtiges zur Abrundung nicht denken. So die Frage an ChatGPT zur letzten konfliktreichen Eigentümerversammlung: „Wie können Versammlungen besser moderiert werden, um Streit zu vermeiden?“
Der Fokus auf den Streit beeinflusst die Antwort zu sehr. ChatGPT wird Konfliktlösungsstrategien liefern. Dabei bleiben Erfolgsfaktoren meist unberücksichtigt wie klare Tagesordnungspunkte mit durchdachten Beschlussvorschlägen, das Beachten von möglichst kurzen Redezeiten und einer transparenten Vorbereitung, so dass der komplette Vorgang jedem Eigentümer per Kundenportal zur Verfügung steht.

Ankereffekt
Wird der KI eine Zahl genannt, wird diese schnell zur oft unbewussten Bezugsgröße.
Eine solche Verzerrung kann auch als die Macht der ersten Zahl bezeichnet werden. So nennt ein Handwerkerangebot für einen hydraulischen Abgleich 50 Arbeitsstunden. Fragt der Verwalter ChatGPT: „Ist ein Aufwand von 50 Stunden realistisch?“, übernimmt die KI den Wert als Fixpunkt und vergleicht nur innerhalb dieses Rahmens. Die erste Zahl lenkt damit unbewusst die Einschätzung. Besser ist eine neutrale Frage zur Vermeidung ungewollter Anker: „Wie viele Stunden sind für einen hydraulischen Abgleich bei 41 Wohneinheiten typischerweise erforderlich?“.

Diese und weitere Effekte beeinflussen den erfolgreichen Einsatz von KI maßgeblich.
So sind Perspektivwechsel ein sehr starkes Werkzeug in der Kommunikation. Statt ChatGPT nur aus Sicht der Verwaltung argumentieren zu lassen, kann immer wieder die Eigentümerseite reflektiert werden. Idealerweise in Verbindung mit dem Devil’s Advocate-Modus, was näher auszuführen hier den Rahmen sprengt. Dies ermöglicht in jedem Falle eine bessere argumentative Vorbereitung und schützt vor mancher Überraschung.
Als Bestandteil einer betrieblichen KI-Gesamtstrategie ist wichtig zu wissen, dass ChatGPT die Möglichkeit bietet, viele solcher psychologischen und kommunikativen Hebel an den richtigen Stellen zu positionieren, statt bei der Prompt-Eingabe jedes Mal an diese Feinheiten denken zu müssen.

Mehr dazu lesen Sie im Artikel ChatGPT und die Psychologie der Verwalter-Kommunikation

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